Hallo,
Heute erzehle ich über Beethoven.
Ludwig van Beethoven wurde am 17. Dezember 1700 in der katholischen Pfarrkirche St. Remigius getauft. Sein genaues Geburtsdatum steht nicht fest*. Es mag der 15. oder 16. Dezember gewesen sein. Zu dieser Zeit wohnten die Beethovens in einer Mansardenwohnung in der Bonngasse**.
Aus dieser Anzeige geht auch hervor, dass der kleine Ludwig zuvor bereits den Bonner Hof durch sein Klavierspiel erfreut hatte. Aus der Tatsache, dass diesem Konzert keine weiteren folgten, können wir vielleicht zwei Schlüsse ziehen:
Die Neuheitswirkung des Wunderkinderphänomenswar zu dieser Zeit wohl bereits wieder verblasst;
Der kleine Ludwig war wohl ein begabter junger Klavierspieler, aber kein Wunderkind wie Mozart.
Bevor wir uns mit der weiteren musikalischen Ausbildung Beethovens während seiner Kindheit befassen, sollten wir vielleicht einen Blick auf sein Familienleben und auf seinen Schulbesuch werfen. Wegeler berichtet, dass Beethoven sehr an seiner sanften, aber ernsthaften Mutter hing, aber weniger an seinem strengen Vater. Er besuchte die öffentliche Schule nur für etwa vier bis fünf Jahre, nämlich das Bonner Tirocinium, an dem er die Grundlagen des Rechnens, der deutschen Sprache und der lateinischen Sprache erlernen sollte. Herr Wurzer, der spätere Bezirksgerichsvorsitzende von Koblenz, der damals Beethovens Klassenkamerad war, erinnerte sich später daran, dass Beethoven dem Unterricht nicht aufmerksam folgte, sondern währenddessen seinen eigenen Träumen nachhing, und dass er oft ungekämmt und schmutzig erschien. Die Fischer-Familie, in deren Haus die Beethovens für einige Jahre wohnten, wusste zu berichten, dass Beethoven selten mit seinen Altersgenossen spielte, sondern sich eifrig mit seinen Musikstudien beschäftigte und niemandem erlaubte, sich darüber lustig zu machen. Auf der anderen Seite erwischte Frau Fischer den Jungen jedoch auch dabei, als er zusammen mit seinem Bruder Caspar Carl ihren Hahn gestohlen hatte und als er dazu herzhaft lachte.
Als Beethoven acht Jahre alt wurde, gelangte sein Vater wohl zu der Überzeugung, dass er seine weitere musikalische Ausbildung in die Hände anderer Lehrer legen sollte. Wir finden Beethoven daher bald in verschiedenen Ausbildungssituationen:
Zuerst wandte sich Johann an den Bonner Hoforganisten, den alten Flamen van den Eeden. Dieser mag jedoch bereits zu alt gewesen sein, um auf lange Sicht als Ludwigs Lehrer in betracht zu kommen;
In bezug auf seine Ausbildung an der Orgel traf der Junge bald eigene Vorkehrungen. So finden wir ihn bald dabei, als er an verschiedenen Bonner Kirchen frühmorgens den Messedienst versah*.
Der SängerTobias Friedrich Pfeiffer, der mit der Grossmann und Helmuth'schen Theatergruppe 1779 nach Bonn gekommen war und sich bald mit Johann van Beethoven anfreundete, war auch ein erfahrener Pianist. Deshalb wurde beschlossen, dass er Ludwig Klavierunterricht geben sollte. Dieser fanden dann oft spät in der Nacht statt, nachdem Pfeiffer und Johann van Beethoven von ihren Wirtshausbesuchen zurückkehrten und dabei in ihrem angeheiterten Zustand den in tiefen Schlaf versunkenen Ludwig aufweckten und mit viel Lärm ans Klavier zerrten.**.
Vom ethischen Standpunkt aus eignete sich wohl Beethovens Onkel mütterlicherseits, der junge Bonner Hofgeiger Franz Rovantini, besser als Musiklehrer für Ludwig. Er unterrichtete ihn im Violin- und Bratschenspiel. Dieser Unttericht kam jedoch bald zu einem jähen Ende, als der nur 24-jährige Rovantini im September 1771 an einer Infektionskrankheit starb***.
*Zu diesem Zweck musste Ludwig allerspätestens um 5.30 morgens das Haus verlassen. Es wäre also leicht möglich gewesen, dass der Junge oft seiner Mutter und ihrer Pflege entwischte und nachher, um etwa 7.30 bis 8 Uhr, ungekämmt und schmutzig in der Schule erschien.
**Spätestens zu dieser Zeit hatte sich Johann van Beethoven mit dem Alkohol näher angefreundet.
***Anlässlich seines Todes besuchte später eine Kusine Maria Magdalena van Beethovens, die als Kindermädchen in Rotterdam arbeitete, das Grab Rovantinis und ihre Verwandten in Bonn. (In unserem nächsten Abschnitt werden wir Barry Coopers Bericht zu Beethovens Hollandreise diskutieren, die, wie sich inzwischen herausstellte, nicht 1781 (wie noch in der Ausgabe von Thayer-Forbes aus dem Jahr 1964 angenommen) stattfand, sondern später).
In einer zusammenfassenden Betrachtung von Beethovens musikalischer Ausbildung während seiner Kindheit kann man zu dem Schluss gelangen, dass Johann van Beethoven, sobald er einsah, dass er seinen Sohn nicht als Wunderkind herumreichen konnte, sehr bald dazu überging, ihn so schnell wie möglich zum musikalischen "Zweitverdiener" der Familie heranzubilden. Solomon vertritt die Auffassung, dass Beethoven dies seinem Vater übelnahm, dass er aber auch, wenn auch auf einer anderen, tieferen Ebene, seine Mutter ablehnte, die diese Familienzustände erduldete und keinen aktiven Widerstand dagegen leistete. Zu ihrer Verteidung sollte angeführt werden, dass sie von schwacher Gesundheit war, vielleicht schon an einem Anfangsstadium der Tuberkulose litt und trotzdem versuchte, das knappe Familieneinkommen durch Handarbeiten aufbessern zu helfen, und dass sie viele Kinder gebar, von denen neben Ludwig nur sein Bruder Caspar Carl (1774 geboren) und Nikolaus Johannes (1776 geboren) überlebten.
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